Fristlose Kündigung nach Skiurlaub während Krankheit

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 25.03.2006

Fristlose Kündigung nach Skiurlaub während Krankheit - ein dicker Hund

Ein Arbeitnehmer, der während einer Arbeitsunfähigkeit wegen einer Meningoenzephalitis (Hirnhautentzündung) trotz erkannter Krankheitssymptome im Hochgebirge Ski läuft, verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten in so erheblicher Weise, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund nach § 626 BGB fristlos beenden kann. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zu einer Entscheidung vom 2. März 2006 = 2 AZR 53/05 hervor.

In dem der zitierten Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der Arbeitnehmer über mehrere Wochen wegen einer Hirnhautentzündung arbeitsunfähig krank. Dennoch fuhr er während der Erkrankung in seinen geplanten Skiurlaub in die Schweiz. Den Arbeitgeber informierte er hiervon nicht. Während eines Skikurses stürzte der Arbeitnehmer und brach sich das Schien- und Wadenbein, was zu einer erheblichen Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit führte. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Arbeitnehmer hatte sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung gewandt und u a. geltend gemacht, er habe nicht gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten während der Arbeitsunfähigkeit verstoßen. Insbesondere hätten ihm die behandelnden Ärzte das Skifahren nicht verboten.

Fälle dieser Art sind in der Praxis nicht selten. Die Erfolgsaussichten entsprechender Klagen sind aber immer vom Einzelfall abhängig. So hatte das Arbeitsgericht im vorliegenden Fall dem Arbeitnehmer noch recht gegeben und die Kündigung als unwirksam erachtet. Die weiteren Instanzen bewerteten den Fall aber zu Gunsten des Arbeitgebers und sahen die Kündigung für wirksam an.

Die grundsätzliche Fragestellung ist in derartigen Fällen, ob der Arbeitnehmer mit seinem Verhalten gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt. An erster Stelle ist dabei die Pflicht des erkrankten Arbeitnehmers zu gesundheitsförderndem Verhalten zu nennen. Zwar ist die pauschale Aussage, wonach sich ein Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit stets Zuhause aufhalten muss, nicht zutreffend. Allerdings gilt im Arbeitsrecht die Grundregel: „Krankgeschriebene Arbeitnehmer dürfen nichts unternehmen, was ihre Genesung verzögert oder gar gefährdet.“ Solange der Heilungsprozess nicht gefährdet wird, sind daher Freizeitaktivitäten durchaus erlaubt. In dem oben beschriebenen Fall war die Erkrankung nach den eigenen Ausführungen des Klägers u. a. mit erheblichen Konzentrationsschwächen verbunden. Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger keine sportlichen Freizeitaktivitäten ausüben dürfen, die - wie das alpine Skilaufen - an die Konzentration und die allgemeine Fitness nicht unerhebliche Anforderungen stellen.

Nicht nur das Bein, sondern in arbeitsrechtlicher Hinsicht sprichwörtlich das Genick brach dem Arbeitnehmer wohl zudem seine Tätigkeit als Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Danach gehörte es vor allem zu seinen Aufgaben, das Fehlverhalten von versicherten Arbeitnehmern– also genau solche Verhaltensweisen wie die von ihm an den Tag gelegte - im Hinblick auf das bescheinigte Krankheitsbild und damit die Berechtigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu überprüfen. Aufgrund dieser besonderen Berufstätigkeit oblag es dem Arbeitnehmer nach Auffassung des Gerichtes insbesondere alles zu unterlassen, was die Neutralität und Glaubwürdigkeit des Arbeitgebers in Frage stellen könnte. Durch seine Aktivitäten während der attestierten Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitnehmer aber gerade ein solches, dem Vertragszweck grob widersprechendes Verhalten, an den Tag gelegt. Durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wurde also nicht „der Bock zum Gärtner“ gemacht, sondern die Pflichtverletzung als wichtiger Grund angesehen, die den Arbeitgeber auch ohne Abmahnung zu einer fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigte.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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